PROMOVIERENDENTAGE zur deutsch-deutschen Zeitgeschichte
Regine Schiermeyer

Kurzbiographie
Jahrgang:
1983
E-Mail:
regine.schiermeyer[at]zegk.uni-heidelberg.de
Promotionsort:
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Studienabschlussfach:
Mittlere und Neuere Geschichte
Promotionsbeginn:
2008
Vorstellung des Promotionsthemas
Bilder aus dem Kombinat. Betriebsfotogruppen in der DDR 1959-1989/90
Am liebsten hätte der DDR-Staat seine Bürger rund um die Uhr kontrolliert. Ein Mittel dafür war die gegenseitige Kontrolle im Kollektiv – abseits der privaten Rückzugsräume. Dabei setzte die DDR nicht nur auf Zwang. Mit Freizeitangeboten wollte sie die Menschen auch außerhalb der Arbeitszeit in das Kollektiv locken. Eines dieser Freizeitangebote waren Fotogruppen, in denen Amateure Anleitung, Material und Ausrüstung gestellt bekamen. Der Gegenstand dieses Buches sind die Betriebsfotogruppen in der DDR, denn den Betrieben kam im „Arbeiterstaat“ DDR eine besondere Rolle zu. Über die Kontrolle hinaus versprach sich die Partei von diesen Fotogruppen auch einen propagandistischen Mehrwert. Die Hobbyfotografen sollten aus der Anonymität des heimischen Fotoalbums heraus in die Öffentlichkeit treten. Dafür organisierte der Staat Wettbewerbe sowie Ausstellungen und hielt die organisierten Amateure an, sich eigene Plattformen der öffentlichen Rezeption ihrer Arbeit zu schaffen. Die Bilder sollten über die einfache Freude am Fotografieren hinaus einem höheren Zweck dienen: der sozialistischen Bewusstseinsbildung.
Der Staat und die Partei gaben die Ziele vor. Die Massenorganisationen und Betriebe sollten sie durchsetzen. Diese Leitlinien verdeutlichen, welche Vorstellungen der Staat von einem sozialistischen Foto hatte und wie sie sich im Laufe der Zeit wandelten. Von den stark ideologisierten Thesen der 1950er und 60er Jahren zu einer pragmatischeren Sicht in den 1980er Jahren.
Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Vielzahl der Fotogruppen stark voneinander unterschieden. Regine Schiermeyer geht der Frage nach, von welchen Faktoren die Ausgestaltung der Arbeit einer Fotogruppe im einzelnen abhing. Es gab Fotogruppen, die Dutzende Mitglieder hatten und andere, die gerade einmal auf eine Handvoll Aktive kamen. Die Unterstützung der einzelnen Zirkel durch die Betriebe, Gewerkschaften oder den Kulturbund unterschied sich stark. Doch es war nicht allein die Größe oder die Unterstützung, die darüber entschied, wie „linientreu“ eine Gruppe war.
Eine zentrale Frage des Dissertationsprojektes ist das Spannungsfeld zwischen den Vorstellungen der ambitionierten Amateurfotografen und dem staatlichen Wunsch nach Kontrolle und Lenkung des fotografischen Schaffens. Schiermeyer vergleicht die staatlichen Wünsche mit der Umsetzung vor Ort.
Sie analysiert die Vorstellungen und Instrumente des Staates, mit denen er die Bildgestaltung jedes einzelnen Fotografen beeinflussen wollte. Wo stieß das staatliche Programm an Grenzen? Die Auswertung von Archivbeständen ehemaliger Betriebsfotogruppen ergibt ein spannendes Bild. Die Untersuchung soll zeigen, wo sich die Fotografen Freiräume bewahrt haben, um ihre eigenen Vorstellungen umzusetzen. Aber auch wo und warum sie sich dem gewünschten sozialistischen Ideal anpassten.